Selbstbewusstsein und die Fähigkeit, Grenzen zu setzen, sind essenzielle Kompetenzen, die Kinder ein Leben lang begleiten. Sie helfen ihnen, sich in sozialen Situationen sicher zu fühlen, unangenehme Erfahrungen zu vermeiden und selbstbewusst mit Herausforderungen umzugehen. Doch wie lernen Kinder, ihre eigenen Grenzen zu erkennen und zu verteidigen?
Im März beschäftigen wir uns mit diesen wichtigen Fragen und erarbeiten gemeinsam mit den Kindern Strategien, die ihnen helfen, sich klar und selbstsicher zu verhalten.
1. Wer darf mich anfassen?

Jedes Kind sollte von klein auf lernen, dass es selbst über seinen Körper bestimmt. Niemand – weder Gleichaltrige noch Erwachsene – hat das Recht, es gegen seinen Willen zu berühren. Es ist wichtig, dass Kinder dieses Bewusstsein entwickeln und sich sicher fühlen, wenn sie ihre eigenen Grenzen kommunizieren.
Dabei lernen die Kinder, zwischen angenehmen und unangenehmen Berührungen zu unterscheiden. Während ein freundschaftliches Abklatschen oder eine Umarmung von einer vertrauten Person in vielen Fällen willkommen sein kann, gibt es auch Situationen, in denen Berührungen sich unangenehm oder bedrängend anfühlen. Diese Empfindungen sind individuell, und es ist völlig in Ordnung, wenn ein Kind bestimmte Berührungen nicht mag.
Ein zentrales Thema ist auch, dass es keine Verpflichtung gibt, körperliche Nähe aus Höflichkeit oder sozialem Druck zuzulassen. Wenn ein Kind nicht umarmt oder an der Hand genommen werden möchte, hat es das Recht, dies zu verweigern – unabhängig davon, ob es sich um eine erwachsene Bezugsperson oder eine gleichaltrige Freundin oder einen Freund handelt.
Außerdem wird darüber gesprochen, was zu tun ist, wenn eine Berührung gegen den eigenen Willen geschieht. Kinder sollen wissen, dass sie sich wehren und Hilfe holen dürfen, wenn jemand ihre Grenzen missachtet.
2.Grenzen setzen – Wie sage ich „Nein“?

Ein klares „Nein“ ist eine der wichtigsten Fähigkeiten, die Kinder lernen sollten. Es ist nicht immer leicht, dieses Wort auszusprechen – besonders dann, wenn man Angst hat, jemand anderen zu enttäuschen oder sich in einer unangenehmen Situation befindet. Doch das Setzen von Grenzen ist ein wichtiger Bestandteil von Selbstbewusstsein und Selbstschutz.
Kinder erfahren, dass es völlig in Ordnung ist, „Nein“ zu sagen, wenn sie sich mit etwas nicht wohlfühlen – sei es bei körperlicher Nähe, Spielen oder Gesprächen. Dabei geht es nicht nur darum, sich in unsicheren oder unangenehmen Situationen zu behaupten, sondern auch darum, sich selbst ernst zu nehmen.
Oft fällt es schwer, „Nein“ zu sagen, weil man sich nicht sicher ist, wie die andere Person reagieren wird. Daher ist es wichtig, nicht nur die eigene Entscheidung zu treffen, sondern auch darauf vorbereitet zu sein, dass andere möglicherweise nachfragen oder überreden wollen. Kinder lernen, dass es in Ordnung ist, ihre Position zu wiederholen und sich nicht beeinflussen zu lassen, wenn sie sich entschieden haben.
3. Körpersprache – Wie kann ich selbstbewusst wirken?

Unsere Körpersprache verrät viel darüber, wie wir uns fühlen. Kinder lernen, dass eine aufrechte Haltung, Blickkontakt und klare Gesten nicht nur dazu beitragen, selbstbewusster zu wirken, sondern sich auch direkt auf das eigene Wohlbefinden auswirken.
Viele Kinder sind sich nicht bewusst, wie stark sich ihre Körperhaltung und ihr Auftreten auf andere Menschen auswirken. Wenn sie unsicher sind oder sich unwohl fühlen, kann dies oft auch an ihrer Körperhaltung abgelesen werden – gesenkte Schultern, ein geduckter Gang oder das Vermeiden von Blickkontakt senden unbewusst Signale aus.
Andererseits kann eine offene und aufrechte Körperhaltung nicht nur das Selbstbewusstsein nach außen zeigen, sondern es tatsächlich auch stärken. Wer sich bewusst hinstellt, tief durchatmet und anderen in die Augen schaut, fühlt sich automatisch sicherer und stabiler.
In unseren Gesprächen sprechen wir darüber, welche kleinen Veränderungen in der Körpersprache einen großen Unterschied machen können und wie Kinder durch bewusste Signale eine stärkere Präsenz entwickeln können.
4. Selbstbewusst sprechen – Wie wir unsere Stimme richtig nutzen

Nicht nur unser Körper, sondern auch unsere Stimme spielt eine große Rolle in der Art, wie wir von anderen wahrgenommen werden. Kinder lernen, dass eine deutliche und feste Stimme ihnen dabei hilft, ernst genommen zu werden und sich durchzusetzen.
Viele Kinder neigen dazu, in herausfordernden Situationen leiser zu sprechen oder sich zurückzuhalten, um nicht unangenehm aufzufallen. Doch genau dann ist es wichtig, sich selbstbewusst auszudrücken. Eine klare, deutliche Stimme signalisiert nicht nur anderen, dass man seine Meinung vertritt, sondern gibt auch dem Sprecher selbst mehr Sicherheit.
Es geht dabei nicht darum, laut oder aggressiv zu sein, sondern darum, so zu sprechen, dass man verstanden und respektiert wird. Wir sprechen darüber, wie die richtige Lautstärke, eine deutliche Aussprache und die Betonung von Wörtern helfen können, eine starke Präsenz zu entwickeln.
Besonders in Situationen, in denen man sich behaupten muss – etwa beim Setzen von Grenzen oder wenn man „Nein“ sagt –, kann eine selbstbewusste Stimme den entscheidenden Unterschied machen.
5. Vertrauen in sich selbst – Warum ist es wichtig, an sich zu glauben?

Selbstvertrauen ist die Grundlage für Selbstbewusstsein und das Setzen von Grenzen. Kinder, die an sich glauben, haben es leichter, sich in schwierigen Situationen zu behaupten und für sich einzustehen. Doch Selbstvertrauen entsteht nicht von heute auf morgen – es muss wachsen und gefördert werden.
Ein wichtiger Punkt ist, dass jedes Kind einzigartig ist und eigene Stärken hat. Es geht nicht darum, perfekt zu sein oder sich mit anderen zu vergleichen, sondern darum, die eigenen Fähigkeiten und Erfolge zu erkennen.
In unseren Gesprächen beschäftigen wir uns mit Fragen wie:
• Was macht mich besonders?
• Welche Situationen habe ich schon gemeistert?
• Wie kann ich mir selbst helfen, wenn ich unsicher bin?
Kinder erfahren, dass Selbstvertrauen auch bedeutet, sich Fehler zu erlauben und daraus zu lernen. Niemand ist immer stark oder macht alles richtig – aber wer an sich glaubt, kann mit Rückschlägen besser umgehen und sich selbst weiterentwickeln.
Fazit: Selbstbewusstsein und Grenzen setzen sind erlernbar
Das Bewusstsein für die eigenen Grenzen und der Mut, sie zu kommunizieren, sind wichtige Fähigkeiten, die Kinder stark machen – in der Schule, im Freundeskreis und im späteren Leben.
Kinder, die sich selbst vertrauen und gelernt haben, „Nein“ zu sagen, fühlen sich sicherer in ihrem Alltag. Sie verstehen, dass sie wertvoll sind und das Recht haben, ihre eigenen Bedürfnisse zu schützen.
Indem wir mit ihnen über diese Themen sprechen, unterstützen wir sie dabei, sich selbstbewusst und respektvoll in der Welt zu bewegen.
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